Augenweide
Ort: Gartenschau Kaiserslautern
Waldhaus
67663 Kaiserslautern
Zeitraum: 30.07.-25.08.2002
Öffnungszeiten: täglich 9-19 Uhr
Exponate: Aquarelle zum Thema Weide (siehe Ausstellungskatalog)

 

Vorgeschichte der Ausstellung

Der Bau einer Weidenkirche auf der Gartenschau Kaiserslautern war der Anlass zur inhaltlichen und gestalterischen Aufbereitung des Themas Weide. Die entstandenen Exponate mit Texten und Bildern zu drei ausgewählten Weidenarten sind auf der Gartenschau Kaiserslautern im Rahmen dieser und einer weiteren Ausstellung im Juli 2004 zu sehen. Die zugehörigen Texte folgen unten auf dieser Seite.

Ausstellungstexte

Die Weide: Mythos eines Baumes

Ein gesunder Baum ist ein schöner Anblick. Seine Wurzeln greifen haltend und tief in die Erde, sein kräftiger Stamm führt senkrecht gen Himmel und entfaltet seine Krone im Licht. Seine periodische Regeneration lässt uns den Jahreslauf lebendig erleben und seine ökologische Bedeutung ist vielfältig. Es ist nicht verwunderlich, dass der Baum dem Menschen zum Ursymbol des Kosmos wurde, zum Sinnbild heiliger Kräfte und Mächte des Lebendigen.

Ein Mikrokosmos aus Baum, Wasser und Stein diente in vorchristlichen Zeiten oft als heiliger Ort. Der Baum symbolisierte die regenerativen Kräfte der Natur, das Wasser die Keime, die geheimen Kräfte und die Reinigung und der Stein den unzerstörbaren Kosmos. Im alten Griechenland wurden Bäume in heiligen Hainen von Gläubigen mit Opfergaben geweiht. Sie waren der Sitz von Gottheiten, untergeordneten Dämonen oder Baumseelen. Das Fällen eines geweihten Baumes kam der Tötung der innewohnenden Seele gleich und wurde mit Exil oder Tod bestraft. Artemis, der Göttin der freien Natur, der Jagd und (als Spenderin des Lebens) auch Geburtsgöttin wurde u.a. die Weide als Göttinnensitz zugeordnet. Der Überlieferung nach wurde Zeus Gattin Hera unter einer Weide auf Samos geboren. Die geweihten Haine bildeten die Vorformen kultischer Architektur. Aus ihnen entwikkelte sich der von Säulen getragene antike Tempel, an dem weiterhin ein Baum zur Götterverehrung gepflanzt wurde. Die antike Bauform ritueller Räume wandelte sich über die romanische zur gotischen Kirchenarchitektur. Typisch für die gotische Kirchenarchitektur ist das Kreuzrippengewölbe, das einen hohen Kirchenbau ermöglicht. Die einzelne Kreuzrippe trägt im Kreuzverbund das Gewölbe und verteilt die Drucklast auf die innenliegenden Bündelpfeiler und das nach außen verlegte Strebewerk: eine Bauform die auch dem Kirchenschiff der Kaiserslauterer Weidenkirche Tragfähigkeit verleiht.

Die Kaiserslauterer Weidenkirche wurde mit Hilfe vieler engagierter, ehrenamtlicher Helfer aus Weidenbeschnitt des Umlandes errichtet. Weidenstämme und Äste aus Göllheim, Alsenborn, Ramsen, Neumühle u. a. Orten sind heute als lebendige Bausteine der Kirche zu bewundern. Diese Ausstellung stellt drei der zum Bau verwendeten Weidenarten dar: die Weiß- oder Silberweide, die Korbweide und die Salweide.

Weidenvielfalt

Zur Familie der Weidengewächse gehören 3 Gattungen: Die koreanische Chosenia, die Pappel (Populus) und die Weide (Salix). Weide und Pappel sind Weichhölzer. Sie gehören zu den schnellwüchsigsten Bäumen Mitteleuropas. Von den etwa 500 vorwiegend in der Nordhemisphäre verbreiteten Weidenarten sind ca. 30 Arten in Europa heimisch. Die Wuchsformen hiesiger Arten sind vielgestaltig. Sie reichen von dem „kleinsten Baum der Welt“, der zwergwüchsigen Krautweide im Hochgebirge, über die strauchförmige Salweide bis zur stattlichen Erscheinung der Silberweide, die eine Höhe von 30 m erreichen kann.. Weiden neigen zur Bastardierung, das heißt zur Kreuzung verschiedener Arten. Die entstehenden Weidenhybriden sind fortpflanzungsfähig. Auf diese Weise entstehen immer neue Merkmalskombinationen. Für eine genaue Bestimmung einer Weidenart müssen daher oft chemische und genetische Merkmale herangezogen werden.

Die Salweide

(Salix caprea L.)

Ziegenfutter, Bienenbrot und Palmzweig

Die Blätter der Salweide boten wertvolles Ziegenfutter, wie der wissenschaftliche Beiname caprea (capra = Ziege) heute noch verrät. Die Blütenpollen der Salweide sind im zeitigen Frühjahr auch Hauptnahrung des Bienennachwuchses, weshalb die Zweige zu dieser Zeit unter Naturschutz stehen. Auch Schmetterlingsarten wie der Trauermantel, der Mondvogel oder der Weidenspinner ernähren sich von ihrem Pollen. Die jungen Weidentriebe sind Nahrungsgrundlage für viele Insekten wie der auffälligen, großen Gabelschwanzraupe, die in Schreckhaltung den Kopf anhebt und aus den Schwänzen lange rote Filamente ausstülpt. Sie verpuppt sich im September in Kokons aus Seide und zerkauter Rinde am Stamm. Das Imago schlüpft im Mai/Juni des Folgejahres.

In verschiedenen Religionen dienten die geweihten Weidenzweige der Gottesverehrung. Am Palmsonntag werden in der katholischen Kirche die blühenden Zweige der Weide zum Gedenken an Jesu Einzug in Jerusalem geweiht und dem Brauchtum zufolge im Stall, auf dem Acker und im „ Herrgottswinkel“ der Stube verteilt. Der Weidenzweig ersetzt in nördlichen Breiten den Palmzweig aus wärmeren Klimazonen.

Vorkommen

Die Salweide ist eine Lichtbaumart. Sie wächst in Waldlichtungen, an Wald- und Wegrändern und ist Pionier auf Brachland, in Kiesgruben und an Böschungen. Bevorzugte Standorte sind feuchte, nährstoffreiche und lehmige Böden von der Ebene bis zur Waldgrenze.

Verbreitung: Europa, Sibirien, Klein-, Mittel-, Ostasien

Die Silber- oder Weißweide

(Salix alba L.)

Antaphrodisiakum und Heilmittel

Die Heilkraft der Weide war dem griechischen Arzt Dioskurides bereits im Altertum bekannt. In der Materia Medica beschreibt er die Eigenschaften der Blätter, der Rinde und des Saftes als zusammenziehend. Eine Mixtur aus Pfeffer, Wein und feingeriebenen Weidenblättern sollte empfängnisverhütend wirken. Die Schlafstellen byzantinischer Priester wurden mit Weidenblättern bestreut, um die geschlechtliche Begierde einzudämmen. Weidenblättersud half gegen Fußschweiß. Tee aus Weidenrinde gilt noch heute in der Volksmedizin als nervenstärkendes Mittel.

Tatsache ist, dass das in der Weide gebildete Glykosid Salicin im Körper zu Salicylsäure oxidiert, die stark fiebersenkend, schmerzlindernd und eiweißfällend wirkt. Heute sind die pflanzlichen Salizylverbindungen durch wirksamere synthetische Verbindungen ersetzt. Am bekanntesten ist das weltweit verwendete Aspirin.

Vorkommen

Die Silberweide ist eine Halbschatten liebende Baumart. Sie bevorzugt Flussniederungen, liebt wechselfeuchte, nährstoffreiche, sandige, meist kalkhaltige Auenböden.

Verbreitung: Europa, Westsibirien, Klein- und Westasien, Nordafrika

Die Korbweide

(Salix viminalis L.)

Bindfaden und Flechtwerk

Die Weide ist klein, aber sie kann Bäume binden.“ besagt ein altes, dänisches Sprichwort und deutet damit die früher übliche Verwendung der jungen Weidenruten als Flecht- und Bindematerial an. Weidengeflechte wurden z.B. zur Herstellung von Körben, zur Befestigung von Flußufern und Deichen, als Zäune zur Dorfumfriedung und zum Hühnerstallbau genutzt. Dünne Ruten sogar zum Binden armer Leute Schuh. Um junge Weidenruten regelmäßig ernten zu können, schnitten die Korbflechter Korb- und Silberweiden zu so genannten Kopfweiden zurück.

Kopfweiden werden heute von Naturschutzorganisationen aufgrund ihrer ökologischen Bedeutung z.B. als Brut- und Nisthöhlen für Vögel und Insekten gepflegt und erhalten. Die Blätter der (der Korbweide sehr ähnlichen) Lavendelweide sind Raupenfutter für den großen Schillerfalter.

Vorkommen

Die Korbweide wächst auf sandigen, schlickigen Böden, in Auengebüschen, an Bach- und Flußufern, meist in Tieflagen.

Verbreitung: Europa, Asien